Wechold Chronik Leseprobe
46 I I . CHRONOLOG I E K A I S E R R E I CH ( 1871 B I S 1914 ) Brandschutz Ein größerer Brand in Heesen löste Kritik an der mangelnden Feuerwehrausrüstung im Kirchspiel Wechold aus, da es nur in Wienbergen und in Hilgermissen eine Spritze gab. Der Verfasser des Berichtes im Hoyaer Wochenblatt vom 4. und 6. Februar 1884 bemerkte dann auch mit spitzer Feder: „So arm ist unser Ort doch wahrhaftig nicht, daß er sich nicht eine Spritze leisten könnte. Auf die Gefahr hin, arg in ein Wespennest zu stechen, sage ich: Gebt der Hermannsburger Mission jeder einmal ein paar Groschen weniger und schafft uns für das Geld eine Spritze! – Die Mittel zu schaffen zur Rettung aus Gefahr für Leib und Leben seiner Mitchristen – ist das nicht auch eine Mission?“ Eines der drängendsten Probleme der Menschen in früheren Zeiten war das fast völlige Fehlen eines effizienten Brandschut- zes. Bränden, seien sie durch Blitzeinschläge oder aus anderen Ursachen entstanden, war man relativ hilflos ausgesetzt. Die Alarmeinrichtungen waren langsam (z.B. Feuerglocke, Feuer- horn) und die zur Verfügung stehenden Rettungsmaßnahmen (z.B. Eimerketten) beschränkt. Zwar gab es Verordnungen und Regeln, wie im Ernstfall zu handeln war, aber wenn es erst einmal brannte, war es meist schon zu spät und es konnte nur noch versucht werden, sich selbst, Vieh und Inventar in Sicher- heit zu bringen und vielleicht noch bedrohte Nachbargebäude zu schützen. Die fast ausnahmslos mit Stroh gedeckten Häuser wurden imBrandfall in der Regel ein Raub der Flammen. Weil technische Hilfsmittel zur Brandbekämpfung nur in geringem Umfang zur Verfügung standen, kam der Brandverhinderung eine besondere Bedeutung zu. Die Dorf- gemeinschaft wählte zwei Feuergeschworene – sogenannte „Sotkiekers“ – die die Gebäude auf Brandgefahren inspizier- ten und das Vorhandensein von Feuereimern, Feuerpatschen und Wasserstellen überprüften. Potentielle Feuergefahren mussten von den Eigentümern umgehend beseitigt werden, anderenfalls drohten Strafen. Wenn es brannte, waren alle Dorfbewohner aufgerufen, mit Feuereimern an der Brandstelle Hilfe zu leisten, während Feuerleitern und –haken von der Gemeinde gestellt wurden. Abgesehen von dem Brand an der Kirchhofstraße im Jahr 1632 (s. Teil III. Nr. 8), bei dem innerhalb weniger Stunden fünf Häuser eingeäschert wurden, ist Wechold von größeren Brandkatastrophen, wie sie etwa Ubbendorf, Magelsen, Oiste oder Martfeld erlebt haben, verschont geblieben. Da bei uns die Häuser und Höfe auf einer relativ großen Fläche verteilt waren und nicht allzu dicht beieinander standen, ist es durchweg bei einzelnen Unglücken geblieben. Dies mag auch der Grund gewesen sein, sich lange Zeit dage- gen zu sperren, Geld für zusätzliche Hilfsmittel auszugeben, wie etwa die zunehmend aufkommenden Feuerspritzen. Erstmalig wurde 1863 inWechold über die Anschaffung einer Feuerspritze beraten und abgestimmt. Der Antrag wurde aber mit 69 Nein-Stimmen gegenüber 59 Ja-Stimmen abgelehnt. Das Amt Hoya machte 1872 den Vorschlag, dass die Ortschaften Wechold, Heesen, Ubbendorf und Mehringen eine gemeinsame Feuerspritze anschaffen sollten und stellte gleichzeitig eine Ermäßigung der Beiträge zur Landschaftli- chen Brandkasse in Aussicht. Aber auch dieser Versuch wurde mit 66 zu 33 Stimmen abgelehnt. Erst 1890 wurde mit 146 zu 32 Stimmen die Anschaffung einer Feuerspritze beschlossen und im darauffolgenden Jahr auch realisiert. Die Gemeinde gab am 12. März 1891 bekannt, dass die Spritze beimMaschinenbauer Peper in Martfeld zum Preis von 1.800 Mark gekauft worden sei. Zu Feuerwehrleuten an der Spritze wurden der Tischler Friedrich Holze (Nr. 86), der Sattler Heinrich Holze (Fredelake Nr. 53) und der Böttcher Heinrich Hasselmann (Nr. 7) bestimmt. Später kam auch noch Friedrich Kastens (Nr. 11) hinzu. 1891 wurde auch der Auftrag zum Bau eines 20 Fuß langen und 13 Fuß breiten Spritzenhauses, das neben der Hofeinfahrt von Nr. 1 liegen sollte, meistbietend vergeben. Den Zuschlag erhielt der Wecholder Zimmermeister Johann Hopmann (Nr. 65), dessen Angebot von 295 Mark genau um eine Mark unter dem von Johann Hinrich Stege aus Loge lag. In den folgenden Jahren war die Feuerwehr ständig bestrebt, ihre Geräte zu vervollkommnen. Die Gesamtlänge der vorhandenen Schläuche belief sich auf 400 m. Zum Trocknen der Schläuche wurde auf dem Burbrink ein 18 m hoher, verschiedenfarbig gestrichener Baum aufgerichtet, der auf 2/3 seiner Länge heruntergeklappt werden konnte. Im Jahr 1901 beschloss die Gemeinde, eine Ortsfeuerwehr (Pflichtwehr) aufzustellen, Adolf Thielhorn (Nr. 3) wurde zum Brandmeister und Willi Bade (Nr. 91) zu seinem Ersatzmann ernannt. Sie bekamen einen wasserdichten Mantel und einen Helm. Weiterhin wurden etwa 20 Männer als Rettungsmann- schaft und Steiger gewählt. Sie machten ihre Funktion durch Abzeichen kenntlich. Darüber hinaus war jede Hausstelle verpflichtet, bei einem Brand einen Mann „zur Rettung und bei der Spritze“ zu stellen. Für den Fall, dass bei einem Brand kein Wasser vorhanden oder durch Sauganbringer heranzuschaffen war, verpflich- tete man alle Besitzer eines Pferdegespannes, eine Tonne bereit zu halten und Wasser zu transportieren. Ebenso bestand für denjenigen, „der am nächsten zu haben war“ die Pflicht, die Spritze zur Brandstelle zu fahren. Für das Fahren der Spritze gab es innerhalb des Ortes eine Vergütung in Höhe von 6 Mark, außerhalb gab es 10 Mark. Wurde eine Prämie gezahlt, erhielten Fahrer und Feuerwehrmänner jeweils den gleichen Anteil. Die beantragte Anschaffung eines „Schadenfeuer-Ermitt- lungs-Apparates“ wurde 1903 abgelehnt. Dafür wurde aber der Bau eines Gestells zum Trocknen der Schläuche nach Wienberger Vorbild genehmigt.
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