Wechold Chronik Leseprobe

67 I I . CHRONOLOG I E E R S T E R WE LT K R I EG ( 1914 B I S 1918 ) „Welch eine Tragik! Deutschland, dessen bestorga- nisierte Truppen von Finnlands Eis u. unter der Tro- pensonne in alle Himmelsrichtungen siegreich die Fahne trugen, Übermenschliches leisteten, muß den kampfmüden Arm senken. In Deutschland wird von den Matrosen die Revolution von Stadt zu Stadt ver- breitet, in derselben Zeit, als unsere Reichsleitung mit den Gegnern über einen Waffenstillstand verhandelt. Es ist hier nicht meine Aufgabe, Näheres darüber zu schreiben. Die Fürsten werden von den Revolutionären zur Abdankung gezwungen. Kaiser Wilhelm eilt nach Holland. Der alte treue Hindenburg bleibt auf seinem Posten u. stellt aus Liebe zum deutschen Volke auch in der schwersten Zeit seine Persönlichkeit zur Verfü- gung. Schamlose Waffenstillstandsbedingungen und drückende Friedensverhandlungen folgen. Dem „afri- kanischen Hindenburg“ Lettow-Vorbeck, gegen den 100 feindliche Generäle vergebens auf Sieg lauernd kämpften, bewilligten die Gegner ehrenvollen Abzug. Er kommt mit seiner siegreichen Schar von Ostafrika nach der Heimat. VomWesten fluten die Heere heim- wärts zwecks Entlassung.“ Am 3. Adventssonntag zog eine Batterie der Schwe- ren Feldartillerie, Reg. 258, in Wechold ein, um hier zu demobilisieren. Die Mannschaften wurden in Einzelquartieren untergebracht, Kanonen und Fahr- zeuge standen auf dem Burbrink. Am darauffolgen- den Dienstag kamen sie in Verden zur Ablieferung, die Pferde wurden am Mittwoch in Hoya für billiges Geld verkauft. Donnerstag reisten die entlassenen Soldaten in ihre Heimat. Die Truppe hatte in acht Wochen den Marsch von der flandrischen Küste hierher zurückgelegt. Von der sonst so straffen Dis- ziplin des Heeres war bei den Heimkehrenden nicht mehr viel übrig geblieben. Es lösten sich die Bande von Zucht und Ordnung. Bemerkenswert war noch, dass der Halbmeier Osterkamp (Nr. 82) ein Pferd wiedererkannte, das er 1914 diesem Regiment aus- geliefert hatte und das er nunmehr zurück in den heimischen Stall führen konnte. Der 1. Weltkrieg forderte einen bis dahin nicht gekannten Blutzoll. Allerdings blieb das Territorium des Reiches weitgehend von Kriegshandlungen ver- schont, weil sich die eigentlichen Kriegsschauplätze in Westeuropa (Belgien und Frankreich) bzw. in Ost- europa befanden. Trotz aller kriegsbedingten Not blieb – anders als später im 2. Weltkrieg – zumindest die heimische Infrastruktur erhalten. Die Folgen des Krieges und des Zusammenbruchs des Kaiser- reiches wirkten allerdings noch lange nach und bedingten eine anhaltend politisch und wirtschaft- lich instabile Lage, die 1923 mit der Inflation in die nächste Katastrophe führte. Aus Wechold sind im 1. Weltkrieg 36 Soldaten gefallen.

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